Der Mensch sorgt sich. Dasein wird als Sorge verstanden.
Krishna ruft die Seele immer wieder an, alle Sorge gehen zu lassen (ma sucah – Bhagavad gita 18.66; na tvam socitum arhasi – Bhagavad gita 2.26, 2.27, 2.30).
Viele verstehen das „in der Welt sein“ als Herausforderung, sich um seine Existenz zu sorgen. Alles ist besorgeniserregend. Das Dasein von Sorge bestimmt. Die Sorge treibt an, zu arbeiten, den Lebensunterhalt zu verdienen, die Zukunft abzusichern, den Besitz zu mehren – alles im Glaube, irgendwann einmal ruhig und sicher leben zu können. Die Sorge macht den Menschen unruhig und gequält und das verhindert den Zugang zur Tiefe, den Zugang zum eigenen Wesen.
Die Heiligen verstehen den Menschen anders – nicht als einer, der sich prinzipiell zu sorgen hat, sondern als einer, der vertrauen darf, als einer, der sich im Vertrauen zu Krishna, in welchem er mit allem versorgt wird, vollkommen aufgehoben weiss. (Srimad Bhagavatam 2.2.3-5)
In der Bergpredigt spricht Jesus von dieser Sorglosigkeit:
„Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt…. Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? (Mt 5,25.27)
Der bedingte Geist will das nicht verstehen. Er redet einen ein, es sei unverantwortlich, nicht für das Morgen zu sorgen. Es ist nicht Faulheit und das Umgehen der Arbeit und auch nicht ökonomische Naivität, sondern die erste grundlegende Transzendenzerfahrung : in Sri Krishnas perfekter Ordnung zu leben und von ihm erhalten zu werden (anna-maya).
Denn Sorge hat immer mit Angst zu tun, sie ist ein Handeln aus Angst, sie ist die praktizierte Angst ums Dasein.
Arbeit ist gut, aber es gibt auch die Tendenz in uns, uns in der Arbeit zu verlieren. Angst lässt einen hineinsteigern. Statt im Vertrauen auf die Fürsorge Krishnas (Bhagavad gita 9.22) zu arbeiten, glaubt der Mensch voller Ängstlichkeit, alles hänge von ihm ab. Es ist die Angst, zu kurz zu kommen (in einer ungerechten, d.h. gottlosen Welt zu leben) nicht genügend zu haben, die ihn dann unruhig und ausserhalb der Gelassenheit antreibt und umhertreibt. Diese Angst überschattet das Tätigsein. Arbeit wird dann der nervöse Ausdruck vom Entgegenstämmen der Existenzangst.
Es ist verständlich, dass der Mensch sich ängstlich um sein Leben und seine Zukunft sorgt. Denn sein Dasein in dieser Welt ist in jedem Moment gefährdet. Aber die Ungesichertheit seiner Existenz soll ihn nicht in die ängstliche Sorge treiben, sondern in das tiefe Vertrauen darauf, von Krishna aufgehoben zu sein.
Ewig gilt der Grundsatz:
„Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.“ (Mt 6.33) Es geht nicht darum, die irdische Existenz nicht sinnvoll und verantwortungsvoll zu planen und sich auch darum einzusetzen. Aber die Frage ist, worum es einem im Letzten geht. Und dieser Frage muss absolute Priorität eingeräumt werden. Die Menschen aber halten sie für einen Luxus, und man könne ihr ja nachgehen, wenn endlich einmal alles andere geregelt sei – und das wird natürlich nie der Fall sein.
Wenn man sich nur noch um sich und seine Angst kreist, dann wird sein ganzes Leben von der Sorge aufgefressen und man wird voller Unruhe immer nach neuen Wegen der Absicherung Ausschau halten.
Der Blick auf die Wirklichkeit Radha-Krishnas relativiert die Unendlichkeit der Sorgen. Die Götzen der Welt, an denen man sich sonst ängstlich festhält und sich festklammert geben auch dann keine Ruhe, wenn man sich ihnen ganz ausliefert.
Ängstliches Sorgen vernebelt den Geist. Die Kunst besteht darin, sich zwar um seinen Erhalt in dieser Welt zu kümmern, aber gleichzeitig die Gelöstheit beizubehalten, nicht in einen Krieg mit den Umständen zu treten. Man soll das tun, was in seiner Hand ist und sich dann vertrauensvoll Sri Krishna überlassen und sich nicht sorgen um Dinge, die ausserhalb seines Einflussbereiches sind. (siehe Bhagavad gita 2.47, 18.6)
Aber wenn einen die Alltagssorgen, die Absicherungspläne, bis ins Gebet hinein verfolgen, oder gar den Zutritt zum inneren Raum verbauen (immer mit der gleichen Ausrede – man hätte keine Zeit), dann zeigt dies auf, dass etwas in einem nicht stimmt. Dann leidet man an einer Prioritätenverschiebung. Das kleine Ich, um das dann das Leben kreist, ist aber unersättlich. Erst in der Sorglosigkeit kreise ich mich nicht mehr nur um mich selbst und bin offen für das Du.
Die Sorglosigkeit meint nicht, alle Probleme in den Griff zu bekommen, sondern auch ja zu sagen zu dem Leben, wie es nun einmal ist, ja zu sagen zu einer Welt, die natürlich unvollkommen ist – letztlich ja zu sagen zu Sri Krishna, der sich nicht nach menschlichen Vorstellungen zu richten hat, sondern der der ganz Andere und Unbegreifliche ist.
Sorglosigkeit basiert auf der Gewissheit, aufgehoben zu sein selbst dann, wenn sich die Arrangierungen aufzulösen scheinen.
„Du hältst mich fest in deinen Armen. Ich falle tief in deine gütigen Hände.
In Geborgenheit.“
30. November 2007
27. November 2007
Tradition und Traditionalismus
Tradition und Traditionalismus
Ich glaube, dass viele Vaishnavas im Westen schon mit den Identifikationen mit der Kultur gerungen haben, aber öffentlich wurde das noch viel zu wenig thematisiert.
Aus dem Bedürfnis, doch "glauben" zu wollen, schluckt man dann auch noch gleich die kulturelle Folklore. Und genau diesen Schritt der Untreue zu seinem Innersten führt in die Selbstentfremdung und nicht zur Selbstverwirklichung.
Gerade religiöse Konvertiten, die eine andere und neue Religion übernehmen, sollten sich doch dieser Frage stellen, was sie gerne in sich integrieren möchten und was für sie unverantwortbar ist zu schlucken.
Institution, Dogma, Ritual, Abläufe in einer religiösen Festivität, Religionslehre und die daraus entwickelten moralischen Verhaltensformen bilden den statischen Aspekt der Spiritualität. Diese statischen Faktoren sind wie ein Leitungsrohr, durch das die dynamische Überlieferung fliesst. Wenn die Religion als moralisches Regulativ, als Regeln und Regulierungen, nicht durch den Prozess der Akulturisation hindurchgeht, stellt sie ein Fremdelement in der psychischen Struktur eines Lebewesens dar und kann dann sehr schnell zur Selbstentfremdung hinführen.
In diesem Rohr des statischen Aspektes entstehen – leider auch – Ablagerungen, und es kann möglicherweise so verstopft werden, dass nichts mehr durchfliessen kann.
Der dynamische Aspekt ist der ewige Inhalt, die Überlieferung, die es immer wieder neu zu verstehen und erfassen gilt. Das Unbegrenzte kann vom Begrenzten nie vollständig erkannt werden, weswegen die Suche der Seele nach Gott kein Ende kennt.
Die Priorität soll dabei immer dem dynamischen Aspekt der Religion geschenkt werden. Wenn dem statischen Aspekt mehr Gewicht zukommt wie dem dynamischen, dann besteht eine starke Tendenz zum Fundamentalismus.
Es mag widersprüchlich erscheinen, von einer „dynamischen Überlieferung“ zu sprechen. Im allgemeinen Sprachverständnis gehört der Begriff „Überlieferung“ eher auf die statische Seite und wäre eher wie ein Leitungsrohr. Aber Überlieferung meint eigentlich den Prozess, in dem ein Inhalt vermittelt wird, und das ist etwas Aktives.
Viele Spiritualisten stellen sich vor, dass die Überlieferung wie ein Paket weitergegeben wird, wie eine Mitgift, die es einfach zu akzeptieren gilt. Das wäre einfach eine digitale Übertragung einer Information und nicht „Parampara“, die heilige Übermittlung ewiger Inhalte.
Überlieferungen ändern sich, wenn sie weitergegeben werden. Die Herausforderung dabei ist, der Überlieferung oder Tradition treu zu bleiben, ohne dem Traditionalismus zum Opfer zu fallen.
Mit anderen Worten soll die Überlieferung inspirieren, aber nicht einfach imitiert werden; man soll ihr treu sein, aber dennoch seinen eigenen Weg gehen.
Es macht einen grossen Unterschied, ob man in der Tradition verwurzelt ist oder darin feststeckt. Man kann manchmal nicht auf Anhieb sagen, ob ein Mensch oder eine bestimmte Gemeinschaft in der Tradition feststeckt oder darin verwurzelt ist, ebenso wenig wie man sagen kann, ob dieses kleine Etwas, das da mitten unter abgefallenen Blättern aus dem Boden ragt, ein verwurzelter Setzling ist oder ein lebloser Zweig, den jemand da hineingesteckt hat. Man muss den Frühling abwarten. Wenn der Frühling kommt, sieht man, ob Blätter wachsen oder gar nichts und er einfach feststeckt.
Wenn Blätter wachsen, sind es natürlich neue Blätter – grundsätzlich die gleiche Art von Blättern, wie sie andere Pflanzen dieser Art immer schon hatten, aber in einem wirklichen Sinn sind sie auch neu und weisen andere Einzelheiten auf.
Es geht darum, die Vergangenheit zu bewundern, ihr dankbar und versöhnt zu sein, und dann neue Wege einzuschlagen.
Das ist die grosse Herausforderung an jede Überlieferung: immer etwas völlig Neues hervorzubringen, und dennoch die Essenz der Wahrheit in der Überlieferung beibehalten. Der Untergang jeder Überlieferung ist die Ritualisierung dessen, was ursprünglich lebendig war.
Überlieferung der Spiritualität bedeutet nicht lebloses Wiederholen des Gewesenen, sondern lebendiges Weiterdenken und Weiterentwickeln des Erfahrenen. Dann ist Überlieferung nicht einfach das Einfrieren des Gewesenen, Stagnation, sondern Fortsetzung und Wachstum.
Nur dann kann von Überlieferung gesprochen werden. Sonst ist es blosses Wahren von Kulturgut.
Srila Bhaktivinod Thakur, ein Heiliger in der Caitanya-Tradition, schreibt 1869 in seinem Artikel „The Bhagavat“:
"Tatsächlich sind die meisten Leser nur Sammelbecken für Fakten, Meinungen und Aussagen, die von anderen Menschen gemacht wurden. Aber dies ist kein Studieren. Der Studierende sollte die Tatsachen lesen, um sein kreatives Denken anzuregen und nicht mit der Absicht, diese Information fruchtlos aufzubewahren. Die Studierenden sollten wie Satelliten alles Licht, das sie von den Autoren empfangen, zurückstrahlen und sich nicht an die Information und den Gedanken festzuklammern und ihn in sich einzusperren.
Gedanken und Ideen sind progressiv, sind etwas Lebendiges. Die Gedanken des Autors und auch von heiligen Texten müssen im Leser ihren Fortgang finden, entweder in Form einer Korrektur oder einer Weiterentwicklung."
Wechseln sich der Empfänger und seine Empfängnisfähigkeiten, so muss auch das Überlieferbare entsprechend ändern. Wächst der Mensch in seiner Selbst-und Wirklichkeitsauffassung, so muss er auch das Überlieferte wachsen lassen.
Jede Handlung ist ein Ritual, aber die Starrheit, mit welcher man sich manchmal daran klammert, verwehrt Zugang zum Beweggrund, zur inneren Haltung, die im Ritual nur Ausdruck findet. Wenn die Verbindung zur ursprünglichen Erfahrung, die im Ritual ausgedrückt wird, verloren geht, und der Ritus dennoch wiederholt wird, und es nur noch für sich selbst steht, dann deutet dies auf einen inneren und/oder äusseren Zwang hin, der niemals das wirklich Heilige zu fördern vermag.
„Alles, ob spirituell oder materiell ist nur eine Frage des Bewusstseinszustandes“ (10.10.4 Erläuterung)
Das bedeutet nicht, dass Wiederholung bereits Zwang oder Ritualismus impliziert. Solange die Nabelschnur zwischen der inneren Erfahrung und dem Ritual nicht gerissen ist, wird das Ritual gespeist und fördert einen.
In der konfessionellen Präsentation der Religion wird immer suggeriert, wie wichtig die Handlungsweise, der Rahmen, das Ritual sind, und dass es notwendig sei für spirituelles Fortschreiten. Die dynamische Seite wird generell unterbetont.
Ein lebendiges Ritual kann auch ohne grosse Agitation und Aufwühlung innerhalb der Tradition geändert werden.
Ich glaube, dass viele Vaishnavas im Westen schon mit den Identifikationen mit der Kultur gerungen haben, aber öffentlich wurde das noch viel zu wenig thematisiert.
Aus dem Bedürfnis, doch "glauben" zu wollen, schluckt man dann auch noch gleich die kulturelle Folklore. Und genau diesen Schritt der Untreue zu seinem Innersten führt in die Selbstentfremdung und nicht zur Selbstverwirklichung.
Gerade religiöse Konvertiten, die eine andere und neue Religion übernehmen, sollten sich doch dieser Frage stellen, was sie gerne in sich integrieren möchten und was für sie unverantwortbar ist zu schlucken.
Institution, Dogma, Ritual, Abläufe in einer religiösen Festivität, Religionslehre und die daraus entwickelten moralischen Verhaltensformen bilden den statischen Aspekt der Spiritualität. Diese statischen Faktoren sind wie ein Leitungsrohr, durch das die dynamische Überlieferung fliesst. Wenn die Religion als moralisches Regulativ, als Regeln und Regulierungen, nicht durch den Prozess der Akulturisation hindurchgeht, stellt sie ein Fremdelement in der psychischen Struktur eines Lebewesens dar und kann dann sehr schnell zur Selbstentfremdung hinführen.
In diesem Rohr des statischen Aspektes entstehen – leider auch – Ablagerungen, und es kann möglicherweise so verstopft werden, dass nichts mehr durchfliessen kann.
Der dynamische Aspekt ist der ewige Inhalt, die Überlieferung, die es immer wieder neu zu verstehen und erfassen gilt. Das Unbegrenzte kann vom Begrenzten nie vollständig erkannt werden, weswegen die Suche der Seele nach Gott kein Ende kennt.
Die Priorität soll dabei immer dem dynamischen Aspekt der Religion geschenkt werden. Wenn dem statischen Aspekt mehr Gewicht zukommt wie dem dynamischen, dann besteht eine starke Tendenz zum Fundamentalismus.
Es mag widersprüchlich erscheinen, von einer „dynamischen Überlieferung“ zu sprechen. Im allgemeinen Sprachverständnis gehört der Begriff „Überlieferung“ eher auf die statische Seite und wäre eher wie ein Leitungsrohr. Aber Überlieferung meint eigentlich den Prozess, in dem ein Inhalt vermittelt wird, und das ist etwas Aktives.
Viele Spiritualisten stellen sich vor, dass die Überlieferung wie ein Paket weitergegeben wird, wie eine Mitgift, die es einfach zu akzeptieren gilt. Das wäre einfach eine digitale Übertragung einer Information und nicht „Parampara“, die heilige Übermittlung ewiger Inhalte.
Überlieferungen ändern sich, wenn sie weitergegeben werden. Die Herausforderung dabei ist, der Überlieferung oder Tradition treu zu bleiben, ohne dem Traditionalismus zum Opfer zu fallen.
Mit anderen Worten soll die Überlieferung inspirieren, aber nicht einfach imitiert werden; man soll ihr treu sein, aber dennoch seinen eigenen Weg gehen.
Es macht einen grossen Unterschied, ob man in der Tradition verwurzelt ist oder darin feststeckt. Man kann manchmal nicht auf Anhieb sagen, ob ein Mensch oder eine bestimmte Gemeinschaft in der Tradition feststeckt oder darin verwurzelt ist, ebenso wenig wie man sagen kann, ob dieses kleine Etwas, das da mitten unter abgefallenen Blättern aus dem Boden ragt, ein verwurzelter Setzling ist oder ein lebloser Zweig, den jemand da hineingesteckt hat. Man muss den Frühling abwarten. Wenn der Frühling kommt, sieht man, ob Blätter wachsen oder gar nichts und er einfach feststeckt.
Wenn Blätter wachsen, sind es natürlich neue Blätter – grundsätzlich die gleiche Art von Blättern, wie sie andere Pflanzen dieser Art immer schon hatten, aber in einem wirklichen Sinn sind sie auch neu und weisen andere Einzelheiten auf.
Es geht darum, die Vergangenheit zu bewundern, ihr dankbar und versöhnt zu sein, und dann neue Wege einzuschlagen.
Das ist die grosse Herausforderung an jede Überlieferung: immer etwas völlig Neues hervorzubringen, und dennoch die Essenz der Wahrheit in der Überlieferung beibehalten. Der Untergang jeder Überlieferung ist die Ritualisierung dessen, was ursprünglich lebendig war.
Überlieferung der Spiritualität bedeutet nicht lebloses Wiederholen des Gewesenen, sondern lebendiges Weiterdenken und Weiterentwickeln des Erfahrenen. Dann ist Überlieferung nicht einfach das Einfrieren des Gewesenen, Stagnation, sondern Fortsetzung und Wachstum.
Nur dann kann von Überlieferung gesprochen werden. Sonst ist es blosses Wahren von Kulturgut.
Srila Bhaktivinod Thakur, ein Heiliger in der Caitanya-Tradition, schreibt 1869 in seinem Artikel „The Bhagavat“:
"Tatsächlich sind die meisten Leser nur Sammelbecken für Fakten, Meinungen und Aussagen, die von anderen Menschen gemacht wurden. Aber dies ist kein Studieren. Der Studierende sollte die Tatsachen lesen, um sein kreatives Denken anzuregen und nicht mit der Absicht, diese Information fruchtlos aufzubewahren. Die Studierenden sollten wie Satelliten alles Licht, das sie von den Autoren empfangen, zurückstrahlen und sich nicht an die Information und den Gedanken festzuklammern und ihn in sich einzusperren.
Gedanken und Ideen sind progressiv, sind etwas Lebendiges. Die Gedanken des Autors und auch von heiligen Texten müssen im Leser ihren Fortgang finden, entweder in Form einer Korrektur oder einer Weiterentwicklung."
Wechseln sich der Empfänger und seine Empfängnisfähigkeiten, so muss auch das Überlieferbare entsprechend ändern. Wächst der Mensch in seiner Selbst-und Wirklichkeitsauffassung, so muss er auch das Überlieferte wachsen lassen.
Jede Handlung ist ein Ritual, aber die Starrheit, mit welcher man sich manchmal daran klammert, verwehrt Zugang zum Beweggrund, zur inneren Haltung, die im Ritual nur Ausdruck findet. Wenn die Verbindung zur ursprünglichen Erfahrung, die im Ritual ausgedrückt wird, verloren geht, und der Ritus dennoch wiederholt wird, und es nur noch für sich selbst steht, dann deutet dies auf einen inneren und/oder äusseren Zwang hin, der niemals das wirklich Heilige zu fördern vermag.
„Alles, ob spirituell oder materiell ist nur eine Frage des Bewusstseinszustandes“ (10.10.4 Erläuterung)
Das bedeutet nicht, dass Wiederholung bereits Zwang oder Ritualismus impliziert. Solange die Nabelschnur zwischen der inneren Erfahrung und dem Ritual nicht gerissen ist, wird das Ritual gespeist und fördert einen.
In der konfessionellen Präsentation der Religion wird immer suggeriert, wie wichtig die Handlungsweise, der Rahmen, das Ritual sind, und dass es notwendig sei für spirituelles Fortschreiten. Die dynamische Seite wird generell unterbetont.
Ein lebendiges Ritual kann auch ohne grosse Agitation und Aufwühlung innerhalb der Tradition geändert werden.
18. November 2007
Das Zweite Vergehen gegen den Heiligen Namen
Das zweite Vergehen gegen den Heiligen Namen
Das Padma Purana (Brahma-khanda 25.15-18) beschreibt die 10 Vergehen gegen den Heiligen Namen.
Im Nektar der Hingabe von Bhaktivedanta Swami und in praktisch allen anderen Beschreibungen der Vergehen gegen den Heiligen Namen (auch im „Nektarozean der Heiligen Namens“) wird das zweite Vergehen folgendermassen zitiert:
„Es ist ein Vergehen gegen den Heiligen Namen Gottes, die Namen von Halbgöttern wie Shiva oder Brahma dem Namen Vishnus ebenbürtig oder von ihm unabhängig zu halten.“
In dieser Übersetzung wird ein Polytheismus verurteilt. Dies ist eigentlich nicht wirklich nötig, denn die Person, die Krishnas Heilige Namen singt und sich an Krishna wendet, hat ja bereits ein gewisses Vertrauen in Krishna. In dieser Warnung vor den anderen Göttern schwingt stark ein judäo-christliches Gottesbild mit, das einen neidischen Gott proklamiert, der die Aufmerksamkeit nur auf sich gerichtet haben will und schlecht gestimmt ist, wenn neben ihm noch konkurierrende Gottheiten existieren.
In der Bhagavad gita sagt Sri Krishna aber ganz etwas anderes:
„Wenn die Götter durch Opfer zufrieden gestellt sind, werden sie euch auch erfreuen, und wenn die Menschen auf diese Weise mit den Göttern zusammenarbeiten, werden sie empfänglich für das Letztendliche.“ (Bhagavad gita 3.10)
„Ich weile als Überseele im Herzen eines jeden. Sobald jemand den Wunsch hat, einen bestimmten Halbgott zu verehren, festige ich seinen Glauben, so dass er sich dieser bestimmten Gottheit hingeben kann.“ (Bhagavad gita 7.21)
Zudem steht im Sanskrit-Text nichts von Brahma oder Devas (Halbgöttern).
Das zweite Vergehen bedeutet im Sanskrit:
shivasya shri vishnor ya iha guna nam adi-sakalam
dhiya bhinnam pashyet sa khalu harinamahitakarah
shivasya – des Shiva
shri vishnor – des Vishnu
ya – wer
iha – hier
guna - Eigenschaften
nam – Namen
adi – und so weiter
sakalam – vollständig
dhiya – in der Betrachtung (während der Versenkung)
bhinnam – getrennt
pashyet – sehen
sa – er
khalu – sicherlich, ohne Zweifel
harinamahitakarah – begeht Vergehen gegen den Heiligen Namen
Die genaue Übersetzung:
„Wer hier (in dieser Welt) die Eigenschaften und Namen und so weiter (alles, was mit Krishna in Verbindung steht) in der Betrachtung (während der Meditation) vollständig als getrennt (von Krishna) sieht, der begeht ein Vergehen gegen den Heiligen Namen.“
Die Eigenschaften, Namen und Lila Gottes sind shiva, allglücksverheissend, da Krishna in seiner Absolutheit in ihnen existiert und aufgrund seiner Barmherzigkeitskraft in ihnen erfahrbar ist. Sein Name, sowie Seine Formen, Eigenschaften und lilas sind alle transzendental und unberührt von aller Vergänglichkeit. Wenn daher jemand versucht, die Absolute Persönlichkeit Gottes von seinem Namen oder seinen transzendentalen Formen, Eigenschaften und Spielen zu trennen, indem er diese für materiell hält, begeht er ein Vergehen. Dies bedeutet, weltliche Unterschiede im Heiligen Namen zu sehen. „Der Herr ist der Besitzer aller Universen und er mag an verschiedenen Orten unter verschiedenen Namen bekannt sein. Jeder Name, der sich auf den Höchsten Herrn bezieht, ist so heilig wie alle anderen, denn sie bezeichnen alle den Herrn.“ (Erläuterung zu Srimad Bhagavatam 2.1.11)
Es bedeutet auch, Gott getrennt von der materiellen Erscheinung zu betrachten, irgend etwas nicht in Beziehung zu ihm zu sehen und nur an den Dingen, an der Äusserlichkeit, hängen zu bleiben ohne den Urgrund, Gott, dahinter zu erahnen.
„Alles ruht auf mir wie Perlen auf einer Schnur.“ (Bhagavad gita 7.7)
Oder positiv ausgedrückt:
"Ich möchte nicht nur theoretisch, sondern ganz direkt verstehen, dass Sri Krishna und Sein heiliger Name identisch sind und dass es in allen vierzehn Welten nicht Kostbareres gibt als dieser Name. In diesem Verständnis, über sambandha-jnan (meine Beziehung zu Krishna) kontemplierend, möchte ich ganz hingegeben und mit grosser Freude (da es eine Priorität geworden ist) den Heiligen Namen chanten."
Dieses Vergehen zu begehen bedeutet, in einem Dualismus befangen zu bleiben, in dem man Gott und seine Energie voneinander trennt. Das führt dazu, dass man die Welt als das Andere, als ein Gegenstück Gottes umschreibt.
Der Dualismus nimmt zwei Urprinzipien der Dinge, ein gutes und ein böses an, welche seit Ewigkeit im Konflikte liegen. Diese Anschauung etabliert, dass es noch etwas ausserhalb von Gott gäbe.
rte 'rtham yat pratiyeta
na pratiyeta catmani
tad vidyad atmano mayam
yathabhaso yatha tamah
"O Brahma, was immer von Wert zu sein scheint, besitzt keine Wirklichkeit, wenn es nicht mit mir verbunden ist. Wisse, dass es meine täuschende Energie ist, jene Widerspiegelung, die sich in Dunkelheit befindet." (Srimad Bhagavatam 2.9.34)
"Wenn sich das Lebewesen fälschlicherweise mit den materiellen Körpern identifiziert, in denen es sich jeweils befindet, vertieft es sich völlig in die äussere Energie des Herrn, verliert dadurch den Überblick für das Ganze, und wird in seiner Perspektive beschnitten.
Durch diese Selbstvergessenheit erkennt die Seele nicht mehr ihre eigentliche und wesensgemässe Beziehung zu Gott, vergisst diese sogar, sucht den Bezug in der peripheren Welt und beginnt, Angst zu haben." (Srimad Bhagavatam 11.2.37)
Diese Angst beruht aus dem Verständnis, dass es noch etwas Zweites gäbe neben der Kontrolle Gottes.
Der Hinweis auf dieses Vergehen will also letztlich die Angst, die von einem Dualismus erzeugt wird – im Verkennen des Zusammenhangs von Geist und Materie - , überwinden.
Man kann „shiva“ nicht nur als „glücksverheissend“ übersetzen, sondern darin auch die Persönlichkeit Shivas darin erkennen.
Dann ergibt sich wieder eine neue Bedeutung: Wenn jemand die Eigenschaften und Namen von Shiva als verschieden oder getrennt von Vishnu betrachtet, begeht er ein Vergehen gegen den Heiligen Namen.
Bhaktivinod Thakur schreibt in seinem Kommentar zur Brahma-samhita (Brahma-samhita-prakashini 5.45): „Shambhu (Shiva) ist nicht ein anderer Kontrollierer (ishvara) und ist nicht verschieden von Krishna. Wer zwischen ihnen einen Unterschied sieht (bheda buddhi), begeht ein Vergehen gegen den Höchsten Herrn. Shambhu’s Eigenschaft als Kontrollierer ist abhängig von der Kontrolle Sri Govinda’s. Aus diesem Grund sind sie ein Prinzip, das nicht trenn-und unterscheidbar ist (vastutah abheda-tattva).“
Im 12. Canto spricht Lord Shiva zu Markandeya Rsi:
"Du bist für mich verehrungswürdig. Du machst keinen Unterschied zwischen Sri Vishnu, Brahma und mir (Shiva), noch machst du eine Unterscheidung zwischen dir selbst und irgend einem anderen Lebewesen.“ (12.10.22)
Im Brhad Bhagavatamrta (BB 1.2.86) spricht Sanatan Goswami über die intime Beziehung zwischen dem Namen Vishnus und dem Namen Shivas:
„Zu denken, Siva und Krishna seien voneinander verschieden, ist eine ernsthafte spirituelle Abweichung.“
Aber die gängige Übersetzung des zweiten Vergehens ist problematisch, da sie viele potenzielle Missverständnisse erzeugt, die die ganze Perspektive der Spiritualität vernebeln könnte. Es ist eine Verzerrung dessen, was eigentlich gemeint ist. Aus der Perspektive der Befangenheit in eine bestimmte Sichtweise ergibt sich ein Gefangen-sein in kollektiv akzeptierten Irrtümern. Daraus ergibt sich eine starke Tendenz zu einer beschränkten Weltsicht im Namen der Religion und der Selbstverwirklichung.
Aus solchen teilweise missverstandenen und unverstandenen versimplifizierten spirituellen Grundlagen manifestieren sich Verhaltensweisen. Gerade im Bereich des Heiligen können sich ungesunde Glaubenssätze als erstaunlich selbstzerstörerisch und destruktiv darstellen und bis hin zu ekklesiogener Neurose (wie zum Beispiel religiöser Intoleranz) führen.
Was die religions-soziologische Folge eines immer wieder repetierten und kopierten Missverständnisses in der Gemeinschaft der Vaishnavas bewirkt, möchte ich dem Leser als Denkaufgabe überlassen.
Das Padma Purana (Brahma-khanda 25.15-18) beschreibt die 10 Vergehen gegen den Heiligen Namen.
Im Nektar der Hingabe von Bhaktivedanta Swami und in praktisch allen anderen Beschreibungen der Vergehen gegen den Heiligen Namen (auch im „Nektarozean der Heiligen Namens“) wird das zweite Vergehen folgendermassen zitiert:
„Es ist ein Vergehen gegen den Heiligen Namen Gottes, die Namen von Halbgöttern wie Shiva oder Brahma dem Namen Vishnus ebenbürtig oder von ihm unabhängig zu halten.“
In dieser Übersetzung wird ein Polytheismus verurteilt. Dies ist eigentlich nicht wirklich nötig, denn die Person, die Krishnas Heilige Namen singt und sich an Krishna wendet, hat ja bereits ein gewisses Vertrauen in Krishna. In dieser Warnung vor den anderen Göttern schwingt stark ein judäo-christliches Gottesbild mit, das einen neidischen Gott proklamiert, der die Aufmerksamkeit nur auf sich gerichtet haben will und schlecht gestimmt ist, wenn neben ihm noch konkurierrende Gottheiten existieren.
In der Bhagavad gita sagt Sri Krishna aber ganz etwas anderes:
„Wenn die Götter durch Opfer zufrieden gestellt sind, werden sie euch auch erfreuen, und wenn die Menschen auf diese Weise mit den Göttern zusammenarbeiten, werden sie empfänglich für das Letztendliche.“ (Bhagavad gita 3.10)
„Ich weile als Überseele im Herzen eines jeden. Sobald jemand den Wunsch hat, einen bestimmten Halbgott zu verehren, festige ich seinen Glauben, so dass er sich dieser bestimmten Gottheit hingeben kann.“ (Bhagavad gita 7.21)
Zudem steht im Sanskrit-Text nichts von Brahma oder Devas (Halbgöttern).
Das zweite Vergehen bedeutet im Sanskrit:
shivasya shri vishnor ya iha guna nam adi-sakalam
dhiya bhinnam pashyet sa khalu harinamahitakarah
shivasya – des Shiva
shri vishnor – des Vishnu
ya – wer
iha – hier
guna - Eigenschaften
nam – Namen
adi – und so weiter
sakalam – vollständig
dhiya – in der Betrachtung (während der Versenkung)
bhinnam – getrennt
pashyet – sehen
sa – er
khalu – sicherlich, ohne Zweifel
harinamahitakarah – begeht Vergehen gegen den Heiligen Namen
Die genaue Übersetzung:
„Wer hier (in dieser Welt) die Eigenschaften und Namen und so weiter (alles, was mit Krishna in Verbindung steht) in der Betrachtung (während der Meditation) vollständig als getrennt (von Krishna) sieht, der begeht ein Vergehen gegen den Heiligen Namen.“
Die Eigenschaften, Namen und Lila Gottes sind shiva, allglücksverheissend, da Krishna in seiner Absolutheit in ihnen existiert und aufgrund seiner Barmherzigkeitskraft in ihnen erfahrbar ist. Sein Name, sowie Seine Formen, Eigenschaften und lilas sind alle transzendental und unberührt von aller Vergänglichkeit. Wenn daher jemand versucht, die Absolute Persönlichkeit Gottes von seinem Namen oder seinen transzendentalen Formen, Eigenschaften und Spielen zu trennen, indem er diese für materiell hält, begeht er ein Vergehen. Dies bedeutet, weltliche Unterschiede im Heiligen Namen zu sehen. „Der Herr ist der Besitzer aller Universen und er mag an verschiedenen Orten unter verschiedenen Namen bekannt sein. Jeder Name, der sich auf den Höchsten Herrn bezieht, ist so heilig wie alle anderen, denn sie bezeichnen alle den Herrn.“ (Erläuterung zu Srimad Bhagavatam 2.1.11)
Es bedeutet auch, Gott getrennt von der materiellen Erscheinung zu betrachten, irgend etwas nicht in Beziehung zu ihm zu sehen und nur an den Dingen, an der Äusserlichkeit, hängen zu bleiben ohne den Urgrund, Gott, dahinter zu erahnen.
„Alles ruht auf mir wie Perlen auf einer Schnur.“ (Bhagavad gita 7.7)
Oder positiv ausgedrückt:
"Ich möchte nicht nur theoretisch, sondern ganz direkt verstehen, dass Sri Krishna und Sein heiliger Name identisch sind und dass es in allen vierzehn Welten nicht Kostbareres gibt als dieser Name. In diesem Verständnis, über sambandha-jnan (meine Beziehung zu Krishna) kontemplierend, möchte ich ganz hingegeben und mit grosser Freude (da es eine Priorität geworden ist) den Heiligen Namen chanten."
Dieses Vergehen zu begehen bedeutet, in einem Dualismus befangen zu bleiben, in dem man Gott und seine Energie voneinander trennt. Das führt dazu, dass man die Welt als das Andere, als ein Gegenstück Gottes umschreibt.
Der Dualismus nimmt zwei Urprinzipien der Dinge, ein gutes und ein böses an, welche seit Ewigkeit im Konflikte liegen. Diese Anschauung etabliert, dass es noch etwas ausserhalb von Gott gäbe.
rte 'rtham yat pratiyeta
na pratiyeta catmani
tad vidyad atmano mayam
yathabhaso yatha tamah
"O Brahma, was immer von Wert zu sein scheint, besitzt keine Wirklichkeit, wenn es nicht mit mir verbunden ist. Wisse, dass es meine täuschende Energie ist, jene Widerspiegelung, die sich in Dunkelheit befindet." (Srimad Bhagavatam 2.9.34)
"Wenn sich das Lebewesen fälschlicherweise mit den materiellen Körpern identifiziert, in denen es sich jeweils befindet, vertieft es sich völlig in die äussere Energie des Herrn, verliert dadurch den Überblick für das Ganze, und wird in seiner Perspektive beschnitten.
Durch diese Selbstvergessenheit erkennt die Seele nicht mehr ihre eigentliche und wesensgemässe Beziehung zu Gott, vergisst diese sogar, sucht den Bezug in der peripheren Welt und beginnt, Angst zu haben." (Srimad Bhagavatam 11.2.37)
Diese Angst beruht aus dem Verständnis, dass es noch etwas Zweites gäbe neben der Kontrolle Gottes.
Der Hinweis auf dieses Vergehen will also letztlich die Angst, die von einem Dualismus erzeugt wird – im Verkennen des Zusammenhangs von Geist und Materie - , überwinden.
Man kann „shiva“ nicht nur als „glücksverheissend“ übersetzen, sondern darin auch die Persönlichkeit Shivas darin erkennen.
Dann ergibt sich wieder eine neue Bedeutung: Wenn jemand die Eigenschaften und Namen von Shiva als verschieden oder getrennt von Vishnu betrachtet, begeht er ein Vergehen gegen den Heiligen Namen.
Bhaktivinod Thakur schreibt in seinem Kommentar zur Brahma-samhita (Brahma-samhita-prakashini 5.45): „Shambhu (Shiva) ist nicht ein anderer Kontrollierer (ishvara) und ist nicht verschieden von Krishna. Wer zwischen ihnen einen Unterschied sieht (bheda buddhi), begeht ein Vergehen gegen den Höchsten Herrn. Shambhu’s Eigenschaft als Kontrollierer ist abhängig von der Kontrolle Sri Govinda’s. Aus diesem Grund sind sie ein Prinzip, das nicht trenn-und unterscheidbar ist (vastutah abheda-tattva).“
Im 12. Canto spricht Lord Shiva zu Markandeya Rsi:
"Du bist für mich verehrungswürdig. Du machst keinen Unterschied zwischen Sri Vishnu, Brahma und mir (Shiva), noch machst du eine Unterscheidung zwischen dir selbst und irgend einem anderen Lebewesen.“ (12.10.22)
Im Brhad Bhagavatamrta (BB 1.2.86) spricht Sanatan Goswami über die intime Beziehung zwischen dem Namen Vishnus und dem Namen Shivas:
„Zu denken, Siva und Krishna seien voneinander verschieden, ist eine ernsthafte spirituelle Abweichung.“
Aber die gängige Übersetzung des zweiten Vergehens ist problematisch, da sie viele potenzielle Missverständnisse erzeugt, die die ganze Perspektive der Spiritualität vernebeln könnte. Es ist eine Verzerrung dessen, was eigentlich gemeint ist. Aus der Perspektive der Befangenheit in eine bestimmte Sichtweise ergibt sich ein Gefangen-sein in kollektiv akzeptierten Irrtümern. Daraus ergibt sich eine starke Tendenz zu einer beschränkten Weltsicht im Namen der Religion und der Selbstverwirklichung.
Aus solchen teilweise missverstandenen und unverstandenen versimplifizierten spirituellen Grundlagen manifestieren sich Verhaltensweisen. Gerade im Bereich des Heiligen können sich ungesunde Glaubenssätze als erstaunlich selbstzerstörerisch und destruktiv darstellen und bis hin zu ekklesiogener Neurose (wie zum Beispiel religiöser Intoleranz) führen.
Was die religions-soziologische Folge eines immer wieder repetierten und kopierten Missverständnisses in der Gemeinschaft der Vaishnavas bewirkt, möchte ich dem Leser als Denkaufgabe überlassen.
Prabhupada verstehen
Prabhupada verstehen…
Was geschieht, wenn du ein Buch von Srila Prabhupada, einer Person, die du einmal als das letzte Wort in der Beleuchtung der Absoluten Wahrheit in deinem Leben betrachtet hast, zur Hand nimmst, und in 7 von 10 Stellen, die du liest, etwas findest, wo du nicht einfach nur nicht einverstanden sein kannst, sondern wo dir eine Aussage sogar falsch oder beleidigend erscheint?
Als mir dies vor einigen Jahren geschah, wusste ich, dass dies ein Zeichen war, dass ich vor einem Wendepunkt stand in meinem inneren Leben, dass Grundanschauungen in mir neu überdacht werden mussten, dass meinem Glaubensgebäude eine Renovation bevorstand. Ich war nicht mehr einfach ein Glaubender in einem System spiritueller Praxis. Meine Anschauungen wurden immer weniger kongruent mit dem, was mir von der Tradition gegeben wurde. Es wurde ein persönliches Glaubens-Schisma. Die Suche nach Wahrheit fordert, dass man auch das wieder in Frage stellt, was einem viele Jahre lang Heimat geboten hat, was einem teuer und lieb war.
Als ich dieses Thema aufgeworfen habe im Gespräch mit Glaubensbrüdern und –Schwestern stiess ich zuerst auf Unverständnis und man hörte mir gar nicht mehr genau zu und ging nicht auf das ein, was ich eigentlich sagte. Natürlich wurde dann sofort mein Sadhana in Frage gestellt und auch die Gemeinschaft, die ich pflegte, wie oft ich in den Tempel ginge, meine Beziehung zu meinem spirituellen Meister…. Anstatt die Anliegen ernst zu nehmen, musste ich viele persönliche Angriffe in Kauf nehmen.
Nur mit einigen wenigen Weggefährten konnte ich aber offen diskutieren und konnte mein Denken klären.
Ich erkannte, dass ich dies gar nicht mit vielen diskutieren durfte, da es ihren Glauben zu sehr in Frage stellen würde und ihnen ein Weg in die Apostase (Glaubenskrise) eröffnen würde.
(Ich habe es trotzdem oft getan, weil ich die Erschütterung als vernünftiger hielt als einfach nur die Betonierung einer oberflächlichen Anschauungsweise. Und als jemand, der selber Vorlesungen gab, konnte ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, noch eine Inspiration in ein System zu geben, von dem ich glaubte, dass es einige Grundprämissen des spirituellen Lebens verletzte.)
Die gleiche intuitive Stimme tief in mir drin, welche mich aufgerufen hatte zur spirituellen Erforschungsreise und die mich zum Krishnabewusstsein gebracht hatte, begann ich wieder klar zu hören und sie stellte alles in meinem Krishnabewusstsein in Frage, meine Zugehörigkeit zu einer Überzeugung und auch Srila Prabhupada.
Ich machte einen Test und ging zum Büchergestell und schlug mir einfach eine Stelle auf. Es war der 5. Canto, 5. Kapitel, Vers 25.
Es ist ein wunderbarer Vers, der über brahmanische Grundlagen spricht; wie die Loslösung vom Materiellen zur Einfachheit führt und den Raum schenkt für devotionale Praxis. In der Erläuterung spricht Prabhupada über brahmanische Qualifikation und dass es erstrebenswert sei, ohne Sehnsucht nach materiellen Bedürfnissen zu sein. Und dann kommt: “Materielle Opulenz und Sinnesbefriedigung durch die Gemeinschaft mit Frauen ist gefährlicher als Gift zu trinken.”
Wie soll man so eine Aussage vernünftig verstehen?
Ich möchte nicht herabsetzen was Srila Prabhupada gemacht hatte für diesen Planeten und all dies, was er an Schönem geschrieben und gesprochen hat, aber es gibt auch Aussagen, die eigentlich unvereinbar sind mit spirituellen Grundhaltungen oder nur schon ethischer Wachheit. Wenn man aus dem Vertrauen heraus solche Aussagen einfach schlucken würde, so bin ich überzeugt, dass dies in seinem Innenleben zu einem Bremsklotz werden wird. In Prabhupadas Büchern hat es sehr herabwürdigende Aussagen über Frauen, Minderheiten, Wissenschaft und andere religilöse Gemeinschaften und Anschauungen.
Mir ist bewusst, dass viele Personen Prabhupadas Lehren als ihr Leben betrachten, aber ich für mich konnte nicht mehr weiterfahren als ein rationales menschliches Wesen mit solchen Aussagen als Teile meiner innersten Glaubensgrundlage. Ich habe entdeckt, dass es gar nicht Prabhupada war, der ein Problem für mich war, sondern ich selbst in dem, was ich akzeptierte, glaubte, praktizierte und predigte – und ich hatte mich verändert, ich war weitergegangen.
Und ich staune immer über die Neigung zur Verabsolutierung in vielen Menschen, dass sie solche Aussagen noch mit allen Mitteln verteidigen.
Ich lernte zu ignorieren, was einfach nicht ernst zu nehmen war und was offensichtlich auf indischem Dorfaberglauben gegründet war und ich habe geschwiegen und meine Zweifel nicht mehr ausgedrückt. Ich habe beobachtet, dass die meisten Vaishnavas, die ich kannte, die Infragestellung von bestimmten Aussagen sofort gleichsetzten mit der Ungültigkeitserklärung des gesamten Schriftschatzes. Es gab sehr wenig Bereitschaft zur Differenzierung.
Elemente von indischem Aberglauben wurden sakrosankt und dann reagierte man noch verurteilend über die Personen, die das von ihrem Innersten nicht annehmen wollten und konnten.
Mir wurde klar, dass viele Devotees in der gleichen verzwickten Lage waren und in ihrem Innersten eigentlich auch hinter einigen Themenbereichen, die in diesen Büchern behandelt wurden, nicht mehr stehen konnten. Aber die Angst, durch Offenlegung der Zweifel die Gruppenzugehörigkeit zu verlieren, und vielleicht sogar noch Vaishnava-aparadha zu begehen, hielt sie zurück und sie gaben weiter vor, Absurdes als Teil in ihrem Glaubensgebäude zu behalten. Diese Untreue zur inneren Würde wird zu einem Hindernis auf dem Weg nach Hause.
Immer wieder habe ich in Vorträgen oder Briefen bestimmte Fragen gestellt und war immer wieder erstaunt mit welcher Vehemenz fragwürdige Konzepte verteidigt werden.
Die Taktik, den Geist zur Ruhe zu bringen – ihn mit einem Schuh zu schlagen – ist fast in jeder spirituellen Tradition anzutreffen. Man insistiert, dass unsere gottgegebene Intelligenz und die Vernunft nicht fähig seien, das Numinose zu erkennen; der induktive Weg sei überflüssig und man müsse einfach glauben, dass die Schlange nur eine Schnur sei…. So wird im Namen von einem heiligen Weg die ratio ausgeschaltet, was nicht nur „direkten Zugang zur Transzendenz“ schenkt, sondern auch religiöse Absurdität legitimiert und deren Weiterführung betoniert. Damit wird der Verstand ausgeschaltet und das Heilige beginnt gefährlich zu werden.
Das Innerste aber spricht zu einem:
Glaube nicht einfach etwas nach dem Hörensagen.Glaube nicht in blindem Vertrauen an Traditionen,nur weil sie schon seit Generationen hoch geachtet sind.Glaube nicht an etwas, weil es der Allgemeinheitentspricht oder weil davon gesprochen wird.Glaube nichts, nur weil es auf dem Zeugnis eines der Weisen ausdem Altertum beruht.Glaube nicht aus Gewohnheit oder weil du es für wahrscheinlich hälst, dass es wahr sein könnte. Glaube auch nicht, weil du es so glauben möchtest.Glaube nicht an etwas das deiner eigenen Vorstellungskraftentspringt, in der Meinung, es sei die Offenbarung einer höheren Macht.Glaube nichts, bei dem du dich auf die Autorität deiner Meister oder Priester stützst.Das was du selber im deinem Innersten als wahr empfindest, was du selber erfahrenund verwirklicht hast, wird dir selbst und auch andern von nutzen sein. Das ist die Einladung des Glaubens."Prüfet alles und das Gute behaltet." Thessalonicher 5.21
Und Buddha sagte:
„Glaubt nichts, es spielt keine Rolle, wo du es gelesen hast und wer es gesagt hat, nicht einmal, wenn ich es gesagt hätte. Glaubt nur dann, wenn ihr es mit eurem inneren Gewissen und dem gesunden Menschenverstand vereinbar ist.“
Es gibt auch Aussagen von Buddha, die Frauen-erniedrigend sind, denn er lebte vor etwa 2600 Jahren in Indien, wo die sozialen Umstände recht primitiv waren. Aber zumindest hatte Buddha gesagt, nicht alles zu glauben, was er sagte, wenn es nicht in seinem Innersten auf Resonanz stösst. Das ist ein Ansatz, der man in der Vaishnava-Tradition in der Nachfolge von Prabhupada nicht zu hören bekommt. Im Gegenteil erlebte ich darin eine starke Tendenz zum „Schlucken des gesamten Packetes“, was immer von einem schwachen Urvertrauen zeugt.
Natürlich hat man die Freiheit und ich glaube auch die Pflicht, solch problematischen Aussagen seines Guru und seiner Tradition selber in Frage zu stellen. Und dies nicht nur angesichts dessen, wenn man das Krishnabewusstsein zu denkenden Menschen dieser Welt präsentieren möchte.
Wenn wir nur 50 oder 100 Jahre zurückgehen in der Geschichte, finden wir alle möglichen Vorurteile und viele grosse Autoren, Künstlern, spirituellen Führern, Wissenschaftlern und soziale und politische Berühmtheiten waren darin Komplizen.
Eigentlich tut es der Heiligkeit von Franz von Assisi nichts ab, dass er geglaubt hat, die Erde sei eine Scheibe. Nur wenn man ihn in allen Bereichen verabsolutiert und diesen kollektiven Irrtum seiner Zeit nun auch zum eigenen machen möchte im Namen von spirituellem Vertrauen zu ihm, dann wird die Spiritualität disfunktional.
Die Sklaverei in Amerika wurde erst 1863 abgeschafft, aber gleiche Rechte bekamen die Schwarzen erst 1964, und in der Schweiz ist die Gleichberechtigung der Frauen erst seit 1973 gesetzlich verankert. Je weiter man zurück geht in der Geschichte, desto abstruser werden die Vorurteile gegenüber Rassen, Geschlecht und Menschenklassen.
Srila Prabhupada kam aus einem Indien um 1900, voll von gesellschaftlichen Werten, die wir nun als Menschen des 21. Jahrhunderts grossteils überwunden haben.
In meinem persönlichen Leben wusste ich, dass ich die spirituellen Lehren, die Prabhupada vermittelte, trennen musste von relativen soziologischen, körperlichen und kulturellen Themenbereichen, die er halt auch immer wieder in seine Lehren einwob. Es braucht einen Aussortierungsprozess, der klar unterscheidet, was spirituelle Lehren sind und was ein kultureller Materialismus. Aber in vielen Vaishnavas ist noch die fundamentalistische Tendenz zu finden, dass sie auch die kontroversen Aussagen Prabhupadas als absolute Wahrheit betrachten und dies bis zum heutigen Tag auch verteidigen. Sie proklamieren, dass man das Ganze zu akzeptieren hätte.
Ich würde auch nicht sagen, dass die Aussagen von Prabhupada mysogen seien, aber sie bergen auf jeden Fall ein grosses Potenzial zum Missverständnis. Und die Geschichte unserer Bewegung zeigte, dass sie auch missverstanden wurden, so dass zum Beispiel Missbrauch geschah auf persönlicher und auch auf institutioneller Ebene.
Ich persönlich glaube, dass man sich gegenseitig lieben kann, in einer engen Beziehung sein kann, und dennoch eine spirituelle Praxis ausüben, die kraftvoll und wirksam ist. Sex kann zum Hindernis spirituellen Wachstums werden wenn es eine Sucht wird. Und vieles kann in den Zustand einer Obsession gehoben werden und dann die Perspektive für die Wirklichkeit vernebeln. Aber wenn man sagt, Frauen seien das Hauptproblem für spirituellen Fortschritt, dann bedeutet dies, dass man trotzig den Wagen vor das Pferd bindet. Damit projiziert man die Schuld auf das Opfer anstatt auf den Mann, der lernen muss, Verantwortung zu nehmen für seine Anhaftung und seine Sucht. Das wäre nämlich der erste Punkt der Überwindung, weshalb es der erste Punkt im 10 Punkte-Programm der anonymen Alkoholiker darstellt. Das Trachten nach Macht und Triebbefriedigung ist eine persönliche Verantwortung des Individums und es reicht nicht, die Objekte der Versuchung zu schwärzen.
Das Gleiche gilt für das Arbeiten und Besitz in der materiellen Welt… es darf niemals so präsentiert werden, als ob diese ein Hindernis wären. Das Hindernis ist nur die Anhaftung daran .
Meine Kritik an Prabhupadas fragwürdigen Aussagen ist keine Verurteilung von ihm als Person. Im Gegenteil: Als ich die Persönlichkeit trennte von den vielen extremistischen Aussagen, stand ich wieder vor einem Heiligen.
Prabhupada und auch das Krishnabewusstsein, das er gebracht hatte, ist mir sehr lieb und hat einen tiefen Platz in meiner Seele. Aber ich konnte die Ausreden in mir nicht mehr länger ertragen, die mich den Absolutismus und den Fundamentalismus übersehen liessen.
Die Ideen und Anschauungen der meisten Euro-Amerikanischen Denker und Forscher forderte von ihren Nachfolgern nicht die Verabsolutierung ihrer Anschauung, dass man jede Ansicht und Meinung von ihnen als absolut wahr betrachten sollte und als nicht mehr in Frage stellende Grundlage des Denkens zu akzeptieren hätte.
Darwins Evolutionstheorie zum Beispiel beinhaltet nicht das Verständnis, dass wir jede Anschauung und Meinung, die Darwin hatte über die Geschlechter, die Idealform einer Gesellschaft oder Lieblingsgerichte eins zu eins zu übernehmen hätten. Es ging ihm um die natürliche Auslese und die Veränderungen innerhalb einer Spezies.
Seine Theorie ist korrigierbar, dass heisst, er wusste, dass sie noch nicht vollständig war und dass da noch viele neue Einsichten dazu kommen würden. Und das, was wir heute „Darwinismus“ nennen ist überhaupt nicht dieselbe Theorie, die Darwin in seinem „Origin of Species“ publiziert hatte. Er hatte auch keine theologische oder gar eschatologische Implikationen dazu veröffentlicht. Nun ist jeder Mensch in seiner Verantwortung gefordert, separat Darwins Anschauungen zu evaluieren – seine Evolutionstheorie, seine Meinung über Frauen, seine Anschauung zu Gott usw. und man kann die eine annehmen und die andere ablehnen und eine Wahl zwingt einen nicht, in einem anderen Bereich ähnlich zu verfahren.
Aber in einer religiösen institutionell geprägten Atmosphäre, die sich auch um Prabhupada geformt hatte, war plötzlich Selektion nicht mehr erlaubt. Entweder aktzeptiert man ihn und mit ihm alles, was er je gesagt hat – über das Krishnabewusstsein UND soziopolitische Ideen UND seine Anschauung über Geschlechterrollen UND seine Auslegung der Heiligen Schriften usw – oder man lehnte nur schon etwas, was er lehrte, ab, und dies wurde dann von ihm und seinen Nachfolgern interpretiert, dass man ihn in toto zurückwies. Zudem beging man Guru-aparadha, was einem den Zugang zum höchsten Ziel für immer verunmöglichte. Die Devise ist, dass man entweder alles zu akzeptieren hat, oder eben ungläubig ist. Partieller Zweifel in einige seiner Betrachtungen könnten ja alles wieder in Frage stellen. Diese Tendenz des Festhaltens ist nicht nishta (Urvertrauen), sondern weist auf eine Grundmotivation der Angst, was gemäss Bhaktivinod Thakur einen tieferen Zugang zum Heiligen verunmöglicht.
Man soll das ganze Thema auch nicht vereinfachen. Jede Person ist ein kleiner Mikrokosmos, was die Diversität der Persönlichkeit betrifft. So kann man nicht einfach ein paar schöne oder erschreckende Zitate von Prabhupada herauspicken und dann sagen, wie wunderbar oder problematisch er sei. Dies wird sehr wenig zum Gesamtbild beitragen. Wir wissen sehr wenig über das Indien um 1900, in welchem Prabhupada geboren und aufgewachsen ist und geprägt wurde. Es ist auf jeden Fall sehr auffällig, dass er die Trennung vom ewigen spirituellen Pfad und seiner indischen Kultur nicht immer sauber getrennt hatte. Selbst heute noch ist Indien und die Inder in vielen Aspekten grundlegend anders als wir. Es ist ohne Zweifel eine andere Welt, deren Werte und gesellschaftliche Normen nicht einfach unreflektiert in eine westliche aufgeklärte Gesellschaft implantiert werden können. Diese Implantate stellen vielleicht auch für den inneren Weg nur neue Hindernisse dar, genauso wie bestimmte Anschauungen und Prägungen der westlichen Kultur.
Wenn man etwas hört, was vom innersten Gewissen unwahr ist und auch vom Verstand als disfunktional erkannt wird (zum Beispiel Prabhupadas problematische Anschauungen über soziopolitische Ordnung, Frauenrolle, Minderheiten (auch Schwarze!), Paschalverurteilungen über Wissenschaft und andere Anschauungen der Transzendenz), wieso steht niemand auf und erklärt es auch als disfunktional?
Dies betrachte ich als den grössten Fehler von Prabhupadas Bewegung: sie trainiert Menschen die innersten Warnungen zu übergehen, unsensibel für das Gewissen zu werden, was einer Selbstübergehung (Selbstlüge) gleichkommt. Und dies noch im Namen von spirituellem Fortschritt, von guru-nistha. So nimmt die Selbstentfremdung ihren Lauf. Verstellung wird dann plötzlich Teil seiner spirituellen Übung.
Und Prabhupada wollte uns doch eigentlich „back to godhead“ bringen und nicht in einer Höhle halten und diese als das Licht umschreiben.
Prabhupada lehrte Selbstverwirklichung.
Jede Generation von Gläubigen ist herausgefordert, ihre Religion auch wirklich religiös zu gestalten.
Was geschieht, wenn du ein Buch von Srila Prabhupada, einer Person, die du einmal als das letzte Wort in der Beleuchtung der Absoluten Wahrheit in deinem Leben betrachtet hast, zur Hand nimmst, und in 7 von 10 Stellen, die du liest, etwas findest, wo du nicht einfach nur nicht einverstanden sein kannst, sondern wo dir eine Aussage sogar falsch oder beleidigend erscheint?
Als mir dies vor einigen Jahren geschah, wusste ich, dass dies ein Zeichen war, dass ich vor einem Wendepunkt stand in meinem inneren Leben, dass Grundanschauungen in mir neu überdacht werden mussten, dass meinem Glaubensgebäude eine Renovation bevorstand. Ich war nicht mehr einfach ein Glaubender in einem System spiritueller Praxis. Meine Anschauungen wurden immer weniger kongruent mit dem, was mir von der Tradition gegeben wurde. Es wurde ein persönliches Glaubens-Schisma. Die Suche nach Wahrheit fordert, dass man auch das wieder in Frage stellt, was einem viele Jahre lang Heimat geboten hat, was einem teuer und lieb war.
Als ich dieses Thema aufgeworfen habe im Gespräch mit Glaubensbrüdern und –Schwestern stiess ich zuerst auf Unverständnis und man hörte mir gar nicht mehr genau zu und ging nicht auf das ein, was ich eigentlich sagte. Natürlich wurde dann sofort mein Sadhana in Frage gestellt und auch die Gemeinschaft, die ich pflegte, wie oft ich in den Tempel ginge, meine Beziehung zu meinem spirituellen Meister…. Anstatt die Anliegen ernst zu nehmen, musste ich viele persönliche Angriffe in Kauf nehmen.
Nur mit einigen wenigen Weggefährten konnte ich aber offen diskutieren und konnte mein Denken klären.
Ich erkannte, dass ich dies gar nicht mit vielen diskutieren durfte, da es ihren Glauben zu sehr in Frage stellen würde und ihnen ein Weg in die Apostase (Glaubenskrise) eröffnen würde.
(Ich habe es trotzdem oft getan, weil ich die Erschütterung als vernünftiger hielt als einfach nur die Betonierung einer oberflächlichen Anschauungsweise. Und als jemand, der selber Vorlesungen gab, konnte ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, noch eine Inspiration in ein System zu geben, von dem ich glaubte, dass es einige Grundprämissen des spirituellen Lebens verletzte.)
Die gleiche intuitive Stimme tief in mir drin, welche mich aufgerufen hatte zur spirituellen Erforschungsreise und die mich zum Krishnabewusstsein gebracht hatte, begann ich wieder klar zu hören und sie stellte alles in meinem Krishnabewusstsein in Frage, meine Zugehörigkeit zu einer Überzeugung und auch Srila Prabhupada.
Ich machte einen Test und ging zum Büchergestell und schlug mir einfach eine Stelle auf. Es war der 5. Canto, 5. Kapitel, Vers 25.
Es ist ein wunderbarer Vers, der über brahmanische Grundlagen spricht; wie die Loslösung vom Materiellen zur Einfachheit führt und den Raum schenkt für devotionale Praxis. In der Erläuterung spricht Prabhupada über brahmanische Qualifikation und dass es erstrebenswert sei, ohne Sehnsucht nach materiellen Bedürfnissen zu sein. Und dann kommt: “Materielle Opulenz und Sinnesbefriedigung durch die Gemeinschaft mit Frauen ist gefährlicher als Gift zu trinken.”
Wie soll man so eine Aussage vernünftig verstehen?
Ich möchte nicht herabsetzen was Srila Prabhupada gemacht hatte für diesen Planeten und all dies, was er an Schönem geschrieben und gesprochen hat, aber es gibt auch Aussagen, die eigentlich unvereinbar sind mit spirituellen Grundhaltungen oder nur schon ethischer Wachheit. Wenn man aus dem Vertrauen heraus solche Aussagen einfach schlucken würde, so bin ich überzeugt, dass dies in seinem Innenleben zu einem Bremsklotz werden wird. In Prabhupadas Büchern hat es sehr herabwürdigende Aussagen über Frauen, Minderheiten, Wissenschaft und andere religilöse Gemeinschaften und Anschauungen.
Mir ist bewusst, dass viele Personen Prabhupadas Lehren als ihr Leben betrachten, aber ich für mich konnte nicht mehr weiterfahren als ein rationales menschliches Wesen mit solchen Aussagen als Teile meiner innersten Glaubensgrundlage. Ich habe entdeckt, dass es gar nicht Prabhupada war, der ein Problem für mich war, sondern ich selbst in dem, was ich akzeptierte, glaubte, praktizierte und predigte – und ich hatte mich verändert, ich war weitergegangen.
Und ich staune immer über die Neigung zur Verabsolutierung in vielen Menschen, dass sie solche Aussagen noch mit allen Mitteln verteidigen.
Ich lernte zu ignorieren, was einfach nicht ernst zu nehmen war und was offensichtlich auf indischem Dorfaberglauben gegründet war und ich habe geschwiegen und meine Zweifel nicht mehr ausgedrückt. Ich habe beobachtet, dass die meisten Vaishnavas, die ich kannte, die Infragestellung von bestimmten Aussagen sofort gleichsetzten mit der Ungültigkeitserklärung des gesamten Schriftschatzes. Es gab sehr wenig Bereitschaft zur Differenzierung.
Elemente von indischem Aberglauben wurden sakrosankt und dann reagierte man noch verurteilend über die Personen, die das von ihrem Innersten nicht annehmen wollten und konnten.
Mir wurde klar, dass viele Devotees in der gleichen verzwickten Lage waren und in ihrem Innersten eigentlich auch hinter einigen Themenbereichen, die in diesen Büchern behandelt wurden, nicht mehr stehen konnten. Aber die Angst, durch Offenlegung der Zweifel die Gruppenzugehörigkeit zu verlieren, und vielleicht sogar noch Vaishnava-aparadha zu begehen, hielt sie zurück und sie gaben weiter vor, Absurdes als Teil in ihrem Glaubensgebäude zu behalten. Diese Untreue zur inneren Würde wird zu einem Hindernis auf dem Weg nach Hause.
Immer wieder habe ich in Vorträgen oder Briefen bestimmte Fragen gestellt und war immer wieder erstaunt mit welcher Vehemenz fragwürdige Konzepte verteidigt werden.
Die Taktik, den Geist zur Ruhe zu bringen – ihn mit einem Schuh zu schlagen – ist fast in jeder spirituellen Tradition anzutreffen. Man insistiert, dass unsere gottgegebene Intelligenz und die Vernunft nicht fähig seien, das Numinose zu erkennen; der induktive Weg sei überflüssig und man müsse einfach glauben, dass die Schlange nur eine Schnur sei…. So wird im Namen von einem heiligen Weg die ratio ausgeschaltet, was nicht nur „direkten Zugang zur Transzendenz“ schenkt, sondern auch religiöse Absurdität legitimiert und deren Weiterführung betoniert. Damit wird der Verstand ausgeschaltet und das Heilige beginnt gefährlich zu werden.
Das Innerste aber spricht zu einem:
Glaube nicht einfach etwas nach dem Hörensagen.Glaube nicht in blindem Vertrauen an Traditionen,nur weil sie schon seit Generationen hoch geachtet sind.Glaube nicht an etwas, weil es der Allgemeinheitentspricht oder weil davon gesprochen wird.Glaube nichts, nur weil es auf dem Zeugnis eines der Weisen ausdem Altertum beruht.Glaube nicht aus Gewohnheit oder weil du es für wahrscheinlich hälst, dass es wahr sein könnte. Glaube auch nicht, weil du es so glauben möchtest.Glaube nicht an etwas das deiner eigenen Vorstellungskraftentspringt, in der Meinung, es sei die Offenbarung einer höheren Macht.Glaube nichts, bei dem du dich auf die Autorität deiner Meister oder Priester stützst.Das was du selber im deinem Innersten als wahr empfindest, was du selber erfahrenund verwirklicht hast, wird dir selbst und auch andern von nutzen sein. Das ist die Einladung des Glaubens."Prüfet alles und das Gute behaltet." Thessalonicher 5.21
Und Buddha sagte:
„Glaubt nichts, es spielt keine Rolle, wo du es gelesen hast und wer es gesagt hat, nicht einmal, wenn ich es gesagt hätte. Glaubt nur dann, wenn ihr es mit eurem inneren Gewissen und dem gesunden Menschenverstand vereinbar ist.“
Es gibt auch Aussagen von Buddha, die Frauen-erniedrigend sind, denn er lebte vor etwa 2600 Jahren in Indien, wo die sozialen Umstände recht primitiv waren. Aber zumindest hatte Buddha gesagt, nicht alles zu glauben, was er sagte, wenn es nicht in seinem Innersten auf Resonanz stösst. Das ist ein Ansatz, der man in der Vaishnava-Tradition in der Nachfolge von Prabhupada nicht zu hören bekommt. Im Gegenteil erlebte ich darin eine starke Tendenz zum „Schlucken des gesamten Packetes“, was immer von einem schwachen Urvertrauen zeugt.
Natürlich hat man die Freiheit und ich glaube auch die Pflicht, solch problematischen Aussagen seines Guru und seiner Tradition selber in Frage zu stellen. Und dies nicht nur angesichts dessen, wenn man das Krishnabewusstsein zu denkenden Menschen dieser Welt präsentieren möchte.
Wenn wir nur 50 oder 100 Jahre zurückgehen in der Geschichte, finden wir alle möglichen Vorurteile und viele grosse Autoren, Künstlern, spirituellen Führern, Wissenschaftlern und soziale und politische Berühmtheiten waren darin Komplizen.
Eigentlich tut es der Heiligkeit von Franz von Assisi nichts ab, dass er geglaubt hat, die Erde sei eine Scheibe. Nur wenn man ihn in allen Bereichen verabsolutiert und diesen kollektiven Irrtum seiner Zeit nun auch zum eigenen machen möchte im Namen von spirituellem Vertrauen zu ihm, dann wird die Spiritualität disfunktional.
Die Sklaverei in Amerika wurde erst 1863 abgeschafft, aber gleiche Rechte bekamen die Schwarzen erst 1964, und in der Schweiz ist die Gleichberechtigung der Frauen erst seit 1973 gesetzlich verankert. Je weiter man zurück geht in der Geschichte, desto abstruser werden die Vorurteile gegenüber Rassen, Geschlecht und Menschenklassen.
Srila Prabhupada kam aus einem Indien um 1900, voll von gesellschaftlichen Werten, die wir nun als Menschen des 21. Jahrhunderts grossteils überwunden haben.
In meinem persönlichen Leben wusste ich, dass ich die spirituellen Lehren, die Prabhupada vermittelte, trennen musste von relativen soziologischen, körperlichen und kulturellen Themenbereichen, die er halt auch immer wieder in seine Lehren einwob. Es braucht einen Aussortierungsprozess, der klar unterscheidet, was spirituelle Lehren sind und was ein kultureller Materialismus. Aber in vielen Vaishnavas ist noch die fundamentalistische Tendenz zu finden, dass sie auch die kontroversen Aussagen Prabhupadas als absolute Wahrheit betrachten und dies bis zum heutigen Tag auch verteidigen. Sie proklamieren, dass man das Ganze zu akzeptieren hätte.
Ich würde auch nicht sagen, dass die Aussagen von Prabhupada mysogen seien, aber sie bergen auf jeden Fall ein grosses Potenzial zum Missverständnis. Und die Geschichte unserer Bewegung zeigte, dass sie auch missverstanden wurden, so dass zum Beispiel Missbrauch geschah auf persönlicher und auch auf institutioneller Ebene.
Ich persönlich glaube, dass man sich gegenseitig lieben kann, in einer engen Beziehung sein kann, und dennoch eine spirituelle Praxis ausüben, die kraftvoll und wirksam ist. Sex kann zum Hindernis spirituellen Wachstums werden wenn es eine Sucht wird. Und vieles kann in den Zustand einer Obsession gehoben werden und dann die Perspektive für die Wirklichkeit vernebeln. Aber wenn man sagt, Frauen seien das Hauptproblem für spirituellen Fortschritt, dann bedeutet dies, dass man trotzig den Wagen vor das Pferd bindet. Damit projiziert man die Schuld auf das Opfer anstatt auf den Mann, der lernen muss, Verantwortung zu nehmen für seine Anhaftung und seine Sucht. Das wäre nämlich der erste Punkt der Überwindung, weshalb es der erste Punkt im 10 Punkte-Programm der anonymen Alkoholiker darstellt. Das Trachten nach Macht und Triebbefriedigung ist eine persönliche Verantwortung des Individums und es reicht nicht, die Objekte der Versuchung zu schwärzen.
Das Gleiche gilt für das Arbeiten und Besitz in der materiellen Welt… es darf niemals so präsentiert werden, als ob diese ein Hindernis wären. Das Hindernis ist nur die Anhaftung daran .
Meine Kritik an Prabhupadas fragwürdigen Aussagen ist keine Verurteilung von ihm als Person. Im Gegenteil: Als ich die Persönlichkeit trennte von den vielen extremistischen Aussagen, stand ich wieder vor einem Heiligen.
Prabhupada und auch das Krishnabewusstsein, das er gebracht hatte, ist mir sehr lieb und hat einen tiefen Platz in meiner Seele. Aber ich konnte die Ausreden in mir nicht mehr länger ertragen, die mich den Absolutismus und den Fundamentalismus übersehen liessen.
Die Ideen und Anschauungen der meisten Euro-Amerikanischen Denker und Forscher forderte von ihren Nachfolgern nicht die Verabsolutierung ihrer Anschauung, dass man jede Ansicht und Meinung von ihnen als absolut wahr betrachten sollte und als nicht mehr in Frage stellende Grundlage des Denkens zu akzeptieren hätte.
Darwins Evolutionstheorie zum Beispiel beinhaltet nicht das Verständnis, dass wir jede Anschauung und Meinung, die Darwin hatte über die Geschlechter, die Idealform einer Gesellschaft oder Lieblingsgerichte eins zu eins zu übernehmen hätten. Es ging ihm um die natürliche Auslese und die Veränderungen innerhalb einer Spezies.
Seine Theorie ist korrigierbar, dass heisst, er wusste, dass sie noch nicht vollständig war und dass da noch viele neue Einsichten dazu kommen würden. Und das, was wir heute „Darwinismus“ nennen ist überhaupt nicht dieselbe Theorie, die Darwin in seinem „Origin of Species“ publiziert hatte. Er hatte auch keine theologische oder gar eschatologische Implikationen dazu veröffentlicht. Nun ist jeder Mensch in seiner Verantwortung gefordert, separat Darwins Anschauungen zu evaluieren – seine Evolutionstheorie, seine Meinung über Frauen, seine Anschauung zu Gott usw. und man kann die eine annehmen und die andere ablehnen und eine Wahl zwingt einen nicht, in einem anderen Bereich ähnlich zu verfahren.
Aber in einer religiösen institutionell geprägten Atmosphäre, die sich auch um Prabhupada geformt hatte, war plötzlich Selektion nicht mehr erlaubt. Entweder aktzeptiert man ihn und mit ihm alles, was er je gesagt hat – über das Krishnabewusstsein UND soziopolitische Ideen UND seine Anschauung über Geschlechterrollen UND seine Auslegung der Heiligen Schriften usw – oder man lehnte nur schon etwas, was er lehrte, ab, und dies wurde dann von ihm und seinen Nachfolgern interpretiert, dass man ihn in toto zurückwies. Zudem beging man Guru-aparadha, was einem den Zugang zum höchsten Ziel für immer verunmöglichte. Die Devise ist, dass man entweder alles zu akzeptieren hat, oder eben ungläubig ist. Partieller Zweifel in einige seiner Betrachtungen könnten ja alles wieder in Frage stellen. Diese Tendenz des Festhaltens ist nicht nishta (Urvertrauen), sondern weist auf eine Grundmotivation der Angst, was gemäss Bhaktivinod Thakur einen tieferen Zugang zum Heiligen verunmöglicht.
Man soll das ganze Thema auch nicht vereinfachen. Jede Person ist ein kleiner Mikrokosmos, was die Diversität der Persönlichkeit betrifft. So kann man nicht einfach ein paar schöne oder erschreckende Zitate von Prabhupada herauspicken und dann sagen, wie wunderbar oder problematisch er sei. Dies wird sehr wenig zum Gesamtbild beitragen. Wir wissen sehr wenig über das Indien um 1900, in welchem Prabhupada geboren und aufgewachsen ist und geprägt wurde. Es ist auf jeden Fall sehr auffällig, dass er die Trennung vom ewigen spirituellen Pfad und seiner indischen Kultur nicht immer sauber getrennt hatte. Selbst heute noch ist Indien und die Inder in vielen Aspekten grundlegend anders als wir. Es ist ohne Zweifel eine andere Welt, deren Werte und gesellschaftliche Normen nicht einfach unreflektiert in eine westliche aufgeklärte Gesellschaft implantiert werden können. Diese Implantate stellen vielleicht auch für den inneren Weg nur neue Hindernisse dar, genauso wie bestimmte Anschauungen und Prägungen der westlichen Kultur.
Wenn man etwas hört, was vom innersten Gewissen unwahr ist und auch vom Verstand als disfunktional erkannt wird (zum Beispiel Prabhupadas problematische Anschauungen über soziopolitische Ordnung, Frauenrolle, Minderheiten (auch Schwarze!), Paschalverurteilungen über Wissenschaft und andere Anschauungen der Transzendenz), wieso steht niemand auf und erklärt es auch als disfunktional?
Dies betrachte ich als den grössten Fehler von Prabhupadas Bewegung: sie trainiert Menschen die innersten Warnungen zu übergehen, unsensibel für das Gewissen zu werden, was einer Selbstübergehung (Selbstlüge) gleichkommt. Und dies noch im Namen von spirituellem Fortschritt, von guru-nistha. So nimmt die Selbstentfremdung ihren Lauf. Verstellung wird dann plötzlich Teil seiner spirituellen Übung.
Und Prabhupada wollte uns doch eigentlich „back to godhead“ bringen und nicht in einer Höhle halten und diese als das Licht umschreiben.
Prabhupada lehrte Selbstverwirklichung.
Jede Generation von Gläubigen ist herausgefordert, ihre Religion auch wirklich religiös zu gestalten.
Abonnieren
Posts (Atom)